Schwarze Perlen vor klarem Grund
Adamas Pandino Lombardei
Kaum fahren wir auf das Gelände — früher Heimat einer Forellenzucht — da winken uns die beiden schon zu. Sergio trägt Gummistiefel und steigt gerade aus einem der 70 Wasserbecken, die vom Tormo-Fluss sowie vier eigenen Frischwasserquellen gespeist werden. Hier sprudelt das klare Wasser nur so: Rund 250 Liter pro Sekunde werden aus 30 bis 50 Metern Tiefe an die Oberfläche gepumpt. Das extrem saubere, sedimentarme Voralpen-Frischwasser mit konstanten Temperaturen zwischen 12 und 18 Grad Celsius ist einer der entscheidenden Qualitätstreiber bei Adamas. Insbesondere, weil es die Anlage nur einmal durchfließt, d.h. nicht zirkuliert.
Ein lauer Morgenwind trägt uns frischen Fischgeruch zu und weckt Erinnerungen an Urlaubstage in Italien. Dabei sind wir gar nicht am Meer — sondern rund eine Autostunde nordwestlich von Mailand im beschaulichen Pandino nahe Cremona, der Stadt der Geigenbauer. Statt zarten Violinklängen lauschen wir dem leisen Geplätscher von kristallklarem Wasser. Und den Ausführungen von Matteo Giovannini und Sergio Nannini. Die beiden sympathischen, trotz ihres Erfolges am Boden gebliebenen Stör-Pioniere und Inhaber von Adamas zeigen uns heute nicht nur ihre eigene Stör-Zucht, sondern auch, wie aus den Fischeiern exquisite schwarze Feinkost-Perlen
werden — wir sind gespannt!
Doch auch andere Störarten sind in Pandino beheimatet, darunter der adriatisch-sibirische Stör, der russisch-sibirische Stör, der weiße Stör, der Albino-Sterlet und sogar einige Belugas. Schließlich nehmen Matteo und Sergio ihren Auftrag als Züchter und den damit verbundenen Beitrag zum Erhalt des Störs, der seit über 250 Millionen Jahren unseren Planeten bevölkert und seit 1998 unter das Washingtoner Artenschutzübereinkommen fällt, sehr ernst. Alle Fische erhalten ausschließlich zertifiziertes, GVO-freies Futter und werden regelmäßigen medizinischen Untersuchungen unterzogen. Dabei legen Matteo und Sergio immer selbst mit Hand an. „Nur so können wir eine konstant hohe Qualität unsere Produkte auch wirklich sicherstellen“, sagt Sergio und Matteo ergänzt: „Dabei versuchen wir auch auf das natürliche Ökosystem der Region Rücksicht zu nehmen. Mit unseren Sonnenkollektoren decken wir einen Großteil unseres eigenen Strombedarfs ab und natürlich filtern wir das Wasser, bevor es wieder in den Fluss zurückfließt.“ Er lacht. „Dabei kommt es ohnehin nur mit Fischen in Berührung!“
Praktischer Nebeneffekt: Die natürliche Strömung liefert zugleich den für die Störe lebensnotwendigen Sauerstoff. „Je frischer das Wasser, desto reiner der Geschmack des Kaviars“, erklärt Matteo, während sein Blick über das knapp 42.000 Quadratmeter große Gelände schweift.
Störe züchten erfordert eben nicht nur Zeit, Geduld und ein unglaubliches Fachwissen, das die beiden passionierten Züchter — Matteo bereits in dritter Generation — über Jahre hinweg angesammelt haben, sondern auch viel Platz. „Daher haben wir uns von Anfang an spezialisiert“, sagt Sergio und zeigt auf einen der Fische zu seinen Füßen. „Und zwar auf den Sibirischen Stör.“ Der Süßwasser-Stör (auch bekannt als Acipenser baerii), ursprünglich in den Flüssen Russlands aber auch Westeuropas beheimatet, eignet sich auf Grund seiner vergleichsweise geringen Größe (ca. 1,3 Meter) und frühen Geschlechtsreife (ca. 7 Jahre) besonders gut für die Aquakultur.
und Dieben geschützt. Und die sind nicht nur schweigsam — auch ihr Geschlecht behalten sie bis zu 4 Jahre für sich. Eine echte Herausforderung für jeden Züchter!
Als wir gerade wieder umkehren wollen, öffnet Sergio eine kleine, unscheinbar aussehende Türe — in eine völlig andere Welt: Die hoch moderne, erst 2012 eingeweihte Produktionsstätte von Adamas, die zu den effizientesten in ganz Italien zählt. Kein Wunder also, dass sich hier ab und an sogar andere Kaviar-Produzenten einmieten! Arbeitsabläufe und -wege sind perfekt aufeinander abgestimmt. Die einzelnen Stationen großzügig und praktisch angeordnet. Es blitzt und blinkt überall — und das, obwohl gearbeitet wird. Was nicht selbstverständlich ist. Denn Adamas produziert seinen Kaviar fangfrisch — auf Bestellung.
Unterstützt werden die zwei Unternehmer, die sich übrigens auch aktiv in der Rekultivierung des adriatischen Störs engagieren, von Matteos Vater sowie zwei Fischfarmern und einem kleinen Team ausgewählter Spezialisten — inklusive einem russisch-iranischen Kaviarmeister, der den Kaviar von Adamas nach der traditionellen „Malossol“-Methode (russ. für „wenig Salz“) veredelt.
Zwischenzeitlich sind wir am Ende der Außenanlage angekommen und betreten eine überdachte Halle. Angenehm kühl und schattig ist es hier! Aber was ist denn das? Wir blicken auf hunderte weitere — wenn auch kleinere — Wasserbecken aus Kunststoff: den „Kindergarten“ der Farm, wie ihn Matteo lachend bezeichnet, nur etwas leiser. Denn statt Kindern tummeln sich hier unzählige Jung-Störe — durch Dach und Netze vor Sonnenstrahlen
Spannend, wie sehr sich der Geschmack der Fischeier in den letzten 30 Minuten seit der Salzung verändert hat. Anfänglich noch etwas unrund mit starken Salznoten, besitzt er nun, wo das Salz bereits in die Eihülle eingedrungen ist, wodurch ein wenig abzugießende Flüssigkeit entsteht, bereits den typischen Kaviar-Geschmack — der offensichtlich von der Reifezeit profitiert. „Die Geschmäcker sind da unterschiedlich. Manche lieben Kaviar ganz frisch abgefüllt, andere essen ihn erst, wenn er zwei Monate in der Dose war,“ weiß Matteo. Und sagt den letzten Satz in fast fehlerfreiem Deutsch. Wir sind sprachlos — auch wegen des exzellenten Kaviars und der herzlichen Führung — und machen ihm ein Kompliment. Auf die Frage, woher er denn so gut Deutsch könne, antwortet er lachend: „Na von zu Hause! Meine Frau stammt ursprünglich aus der Nähe von Hannover.“ Aber da könne man einfach nicht so gut Störe züchten …
Gebannt schauen wir zu, wie zwei erfahrene Hände einem ca. 7 Kilogramm schweren Stör-Weibchen nach einem präzisen Schnitt den wertvollen Rogen entnehmen — immerhin bis zu 800 Gramm pro Störweibchen. Anschließend wird er im Sieb unter fließendem Wasser gesäubert und gewaschen. So lange, bis nur noch feines Korn zurückbleibt. Es folgt der entscheidende Schritt: die Salzung. Sie dient gleichermaßen der Konservierung wie der Würzung. Bei Adamas werden rund 33 Gramm feinsten Salzes unter 1.000 Gramm Kaviar gemischt. „Das Salz ist fast das größte Betriebsgeheimnis,“ sagt Sergio. „Und es kostet uns im Einkauf nicht wenig.“ Denn Adamas verwendet ausschließlich hochwertiges Steinsalz, bevorzugt aus Russland. Eine Investition, die man schmeckt — wie wir bei der anschließenden Verkostung begeistert feststellen!