Stehende Ovationen

Tenuta Santa Maria Arbizzano di Negrar Venetien

 

Doch nicht nur die Geschichte des Herrenhauses ist Jahrhunderte alt — auch die Geschichte der aktuellen Hauseigentümer reicht viele hundert Jahre in die Vergangenheit. Familie Bertani — das ist eine der großen Weindynastien Italiens. Und wie es sich für eine Dynastie gehört, blickt sie auf bewegte Jahre zurück. Es gibt historische Dokumente, die belegen, dass die Bertani schon Mitte des 15. Jahrhunderts im Valpolicella, nördlich von Verona gelegen, Wein gekeltert haben. Im 18. Jahrhundert waren es die Brüder Gaetano und Giovan Battista Bertani, die als Erste den Veroneser Wein wie Valpolicella Ripasso, Recioto oder Soave als Qualitätswein in Flaschen abfüllten und in größeren Mengen verkauften.

Revolutionär handelten die beiden Brüder auch im Weinberg: Sie waren die Ersten, die das französische Guyot-System der Reb­erziehung im Valpolicella zur Anwendung brachten. Das System hatte sich Gaetano Bertani bei dem französischen Agronom Jules Guyot persönlich abgeschaut — dank Gaetanos aktiver politischer Rolle gegen die österreichische Herrschaft und für die italienische Unabhängigkeit musste er einige Jahre im französischen Exil verbringen.

Musik liegt in der Luft. Der warme Sommerwind trägt die letzten Klänge von „La Traviata“ aus dem römischen Theater in Verona bis ins malerische Valpolicella. Hier treffen die musikalischen Klänge auf einen der klangvollsten Namen der italienischen Weinwelt. Stehende Ovationen für die weltbekannte Veroneser Oper und die weltberühmten Weine der Familie Bertani aus dem Valpolicella.

Vor dem satten Grün der Wälder und Reben und dem noch satteren Grün der Park- anlage mit dem fein gestutzten Rasen hebt sich strahlend weiß das imposante Anwesen der Bertani ab. Die elegante dreigeschossige Villa Mosconi, bestehend aus Haupthaus, Nebenge- bäuden und einer kleinen Kirche, befindet sich in Arbizzano di Negrar im Herzen des Valpolicella. Die Ursprünge des Herrenhauses mit seiner neo- klassizistischen Fassade, den großen Fenstern, den grünen Fensterläden, vielfach bekrönt mit marmornen Statuen olympischer Götter, reichen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Seit dieser Zeit steht das Herrenhaus auch für Rotweine von besonderer Qualität — dank herausragend exponierter Wein- berge, ausgefeilter Technik und großer Sorgfalt bei der Lese und Verarbeitung des Traubenguts.

Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts erwarb Familie Bertani dann die Villa Mosconi — mitsamt den jahrhundertalten Weinbergen, die zu den besten des Valpolicella zählen, und der weitläufigen Kellergewölbe, in welchen die Weine dank gleichbleibender Temperatur und optimaler Luftfeuchtigkeit in den Barrique- und Holzfässern besonders gut reifen. Hier in den Kellern der Villa Mosconi tauchte auch der Begriff „Amarone“ im Jahr 1936 zum ersten Mal auf — ein Wein, der von den Bertani schon Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts unter dem Namen „Recioto Secco“ weltberühmt ist. Zurück in die Gegenwart, zurück zur Villa Mosconi. Giovanni Bertani begrüßt uns auf den weißen Stufen der Treppe, die zur mächtigen Eingangstür der Villa führen.

Die Reberziehung nach Guyot mit nur einem starken tragenden Ast und konsequenter grüner Ernte war nur ein weiterer Schritt in Richtung hochqualitative Weine aus dem Hause Bertani. Dazu kam die Entwicklung und Verfeinerung der „Ripasso“-Methode: ein zweiter Gärvorgang, bei dem der Valpolicella-Wein ein weiteres Mal mit den Schalen der Recioto-Traube vermengt wird. Die Qualität sprach sich herum: Gaetano und Gian Battista begannen, nach England, Deutschland und in die Vereinigten Staaten zu exportieren. Gleichzeitig übernahmen sie nationale Verantwortung: Als Bürgermeister und Mitglieder des neu geschaffenen italienischen Parlaments trugen beide zur politischen Entwicklung Italiens bei. Und das neben ihrem zeitraubenden und intensiven Engagement im Weinbau.

ihr Merlot Dima Area oder ihr Pràgal Cuvée aus Corina, Syrah und Merlot, begeistern Kritiker und Weinliebhaber gleichermaßen. Die Weine von Bertani entstehen dabei nicht nur in Arbizzano di Negrar, sondern auch am zweiten Sitz der Familie, in Colognola ai Colli. Die Trauben stammen von den Weinbergen und Lagen dreier verschiedener Veroneser Gebiete: aus dem Valpolicella, dem Val Dilles und dem Valpantana.

Unser Rundgang durch die Villa Mosconi endet dort, wo er begann: auf den mächtigen Stufen zur Eingangstür. Über uns wachen stoisch die Statuen der olympischen Götter. „Hier in der Villa Mosconi machen wir vor allem Wein“, sagt Giovanni zum Abschied, „aber auch jede Menge gute Musik. Die Villa ist immer wieder Schauplatz für Kunstausstellungen, Theateraufführungen und Konzerte.“ Und die Ovationen für die Bertani kann man noch in Verona vernehmen.

Gemeinsam mit seinem Vater Gaetano, Urenkel des Gründers Gaetano, und seinem Bruder Guglielmo leitet er heute die Geschicke des Weinguts. Giovanni ist gut gekleidet, sein Stil ist der eines englischen Landadeligen.

Er ist Mitte dreißig, lacht viel und herzlich, während er seine blonden Haarsträhnen immer wieder aus der Stirn streicht. „Mein Bruder und ich sind nun die sechste Generation der Bertani, die sich dem Wein im Valpolicella widmen“, erklärt er uns, während wir die prächtig geschmückten Räume mit den bestens erhaltenen Fresken auf uns wirken lassen. „Das macht uns zu einer der ältesten Familien in Italiens langer Weinbaugeschichte.“

Aber neben all der Tradition verschließen sich die Bertani keineswegs der Zukunft. Neben dem Einsatz modernster Technik im Weinkeller begeistert die Familie auch mit ihren „modernen“ Weinen. Und das mit großem Erfolg: